Überraschenderweise findet man kaum 500 m von der Pfarrkirche St. Johann Baptist in Warngau entfernt eine weitere große Kirche, nämlich die Allerheiligenkirche. Sie hat ihre Entstehung dem Verkehrsgeschehen früherer Zeiten zu verdanken. Denn sie liegt direkt neben der Nord-Südverbindung von München über Tegernsee und Tirol nach Italien.
Da in früheren Zeiten die Straßen alles andere als sicher waren, hatten die Fuhrleute verständlicherweise das Bedürfnis, für den guten Ausgang ihrer Fahrt zu beten, bzw. bei der Heimfahrt für das Gelingen der Fahrt zu danken. Da es in Allerheiligen auch einen Brunnen gab, waren die besten Voraussetzungen für eine „Raststätte“ gegeben. Die Fuhrleute konnten hier ihre Pferde tränken.
So entwickelte sich im Laufe der Jahre die Allerheiligenkirche ausgehend von einer kleinen Kapelle bis hin zur ersten Kirche um ca. 1450, die 1476 erstmals urkundlich erwähnt wurde. Im Jahre 1504 wurde eine achteckige Kirche mit Turm erbaut.
Es entwickelte sich auch eine Wallfahrt, bei der zuerst alle Heiligen, wie es das Patrozinium sagt, verehrt wurden. Aber allmählich trat die Verehrung der Gottesmutter Maria in den Vordergrund, wie einzelne Votivtafeln zeigen. Und letztlich wurde die Wallfahrt zum heiligen Leonhard immer stärker.
Da war dann natürlich an den hohen Festtagen wie Pfingsten die Kirche viel zu klein, um die Gläubigen fassen zu können. Eine Entspannung der Lage brachte die Seitenkapelle, die 1658 an den Turm seitlich angebaut wurde. Nun konnten die Gläubigen bei geöffneten Toren im Freien an der Messfeier teilnehmen. Das Altarbild in dieser Seitenkapelle hat der Miesbacher Maler Kaspar Hupfauer gemalt. Er hat alle Heiligen im Himmel dargestellt und am linken unteren Ende den Himmel wie ein Loch geöffnet und damit den Blick freigegeben auf die Allerheiligenkirche und die Pfarrkirche von Oberwarngau und die beiden Kirchen von Osterwarngau. Deshalb wird das Gemälde auch das Himmelsloch genannt. Es hängt jetzt vorne im Altarraum rechts.
Da die Wallfahrt immer mehr Leute nach Allerheiligen zog, konnte Pfarrer Kaspar Neumiller eine Erweiterung auf die heutige Größe der Kirche durchsetzen. Die Allerheiligenkirche hat soviel Geld, dass der gesamte Bau davon bezahlt werden hätte können. Ein Teil des Vermögens war an die Bauern verliehen.
Und so wurde der Rohbau 1740 - 1742 fertiggestellt. Aber dann besetzten die Österreicher Bayern und die Panduren unter ihrem Anführer Trenk zogen auch durch unsere Gegend. Da es den Bauern in dieser Kriegszeit schlecht erging, konnten die ausgeliehenen Gelder an die Allerheiligenkirche nicht zurückbezahlt werden und so stockte der Bau bis 1752.
Dann wurde der Bau bis 1754 vollendet und konnte 1758 vom Weihbischof von Werdenstein feierlich eingeweiht werden.
Um 1980 war die Kirche in einem so schlechten Zustand, dass man schon über einen Abriss der Kirche nachdachte. Aber dann brachte Herr Burghard das Thema „Allerheiligenkirche" in die Fernsehsendung „iatz red i“. Dort konnte der Warngauer Martin Beilhack auf den schlechten Zustand der Kirche hinweisen. Auch der neue Pfarrer Bernd Habenschaden setzte sich stark für eine Renovierung ein und erreichte, dass auch das Ordinariat mitzog. So konnte in den Jahren 1983-1989 die Kirche erst außen saniert und dann innen vollständig renoviert werden. Es war erstaunlich, wie sich die Bevölkerung durch großzügige Spenden und Hilfen beteilgte.
Seit 1983 organisierte das Leonhardikomitee wieder jährlich eine Leonhardifahrt, nachdem die Fahrten ca. 1910 eingeschlafen waren.
Mit einem gro0en Dorffest feierten wir im Juli 1989 die Wiedereinweihung der Allerheiligenkirche mit Weihbischof Franz Schwarzenböck.
Der Hochaltar hat als Altarbild ebenfalls eine Darstellung aller Heiligen im Himmel.
Dieses Altarbild stammt von dem Münchner Barockmaler Johann Degler, der sich nach dem Tod seiner Frau in das Kloster Tegernsee zurückgezogen hatte.
Vor diesem Altarbild steht der heilige Leonhard mit seinen Attributen Ross und Kuh. Ganz oben in der Altarkrönung finden wir die Krönung Mariens im Himmel. Diese Figurengruppe stammt vermutlich von dem gotischen Flügelaltar, der vor dem jetzigen Barockaltar hier in der Kirche stand.
Der Barockaltar wurde von Pfarrer Kaspar Neumiller um 1725 für die Allerheiligenkirche beschafft.
Die seitlichen Säulen des Hochaltars sind aus dem Steinbruch des Tegernseer Klosters und sind aus Marmor.
Die beiden Seitenaltäre konnte der Münchner Hofmaler Johann Degler nur noch skizzieren, fertiggestellt wurden sie von seinem Schüler Johann Adam Miller. Der linke Seitenaltar ist der Mutter Gottes geweiht. Das Altarbild zeigt Maria, die von ihren Eltern Joachim und Anna unterrichtet wird. Über Maria schweben Engel, die die Weltkugel tragen, auf der der Jesusknabe mit dem Kreuz in der Hand steht. So kommt darin schon ein Blick in die Zukunft und auf das Leiden Jesu und damit auch seiner Mutter Maria zum Ausdruck. In der Altarkrönung finden wir Gott Vater und den Heiligen Geist in Gestalt einer weißen Taube.
Der rechte Seitenaltar zeigt die Kreuzabnahme Jesu mit Maria, Johannes und Josef von Arimatäa. Die Altarkrönung zeigt das Tuch, das Veronika dem Heiland auf dem Kreuzweg reichte, damit er sich den Schweiß abwischen konnte.
Im Kirchenraum hängen eine Vielzahl von Votivtafeln, die von Gebetserhörungen zeugen.
Die älteste Tafel stammt von 1682 und die jüngste von 1945. Alle anderen liegen dazwischen.
Die Bilder zeigen die älteste Votivtafel und einen kleinen Ausschnitt der aufgehängten Votivtafeln.
Regelmäßige Gottesdienste in Allerheiligen:
Albert Engl
Patrozinium: Allerheiligen am 1. November
Erste Kirche: um 1450
Neubau: Um 1504 achteckige Kirche
Bau einer Seitenkapelle: 1658
Erweiterungsbau auf heutige Größe: 1740 - 1752
Altäre:
Votivtafeln: zwischen 1682 und 1945
Geläut: zwei Glocken von 1624